Hallo, liebe Corsa-Gemeinde!
Es folgt nun ein sehr langer Beitrag. Es geht um mein Lieblingsthema Fahrspass/Durchzug/Elastizität.
Diverse Threads in diesem Forum haben sich mit diesem Thema, zumindest im Ansatz oder mittelbar bereits beschäftigt, so das dieser Beitrag auch unter „Neues Modelljahr“, „Anfahrtsschwäche“ o.ä. hätte gepostet werden können. Aufgrund des nachfolgend zur Diskussion gestellten grundsätzlichen Themas habe ich mich jedoch entschlossen, an dieser Stelle einen eigenen Thread zu eröffnen.
Auslöser war ein Beitrag im neuen „Jahrbuch Opel“, Ausgabe 2010 , von den (hoffentlich) allseits bekannten Opel-Enthusiasten Eckhart Bartels und Rainer Manthey. Schwerpunkt in der aktuellen Ausgabe, die sich neben aktuellen Entwicklungen bei Opel so wie in den früheren Ausgaben auch mit historischen Berichten über Opel beschäftigt, ist u.a. der Kadett 1938, der meines Erachtens nunmehr der legitime Vorfahre des Corsas ist (da die letzten Kadetten und die Astra-Reihe längst größentechnisch eine Liga höher spielen). Historisch interessierten Opel-Fans sei diese Buchreihe wärmstens an’s Herz gelegt !
Doch zurück zum Thema.
Ein Beitrag in diesem Buch (Autor Thomas Dieckmann) befasst sich mit der Zukunft des Automobils unter Berücksichtigung von Nutzwert und Antrieb unter besonderer Berücksichtigung der Opel-Fahrzeugentwicklung bis heute. Er lautet (Titel wie auch nachfolgende Zitate hieraus kursiv gekennzeichnet):
Quo Vadis?
60 Jahre technische Entwicklung – Grenzen des Wachstums
Der Beitrag beginnt mit der Darstellung des stetigen Längenwachstums aller Modellreihen im Laufe ihrer Weiterentwicklung. Herausgearbeitet wird ein durchschnittliches Wachstum von rund 40 cm in 30 Jahren oder grob 10 cm je Modellgeneration bei rund 7 Jahren Modellzyklus. ..... Allein die Fortschritte für bessere Kaskoklassen-Einstufungen führten in den letzten Jahren zu einem (Anm. Alter Korsar: weiterem) Längenwachstum. Zusätzlich wurde die Crashsicherheit deutlich verbessert und neuerdings auch der Fußgängerschutz. All dies förderte das Längenwachstum in den letzten Jahren. .... Es wird erschreckend deutlich, dass das Längenwachstum dem Laderaum nicht zugute gekommen ist. Vergleicht man beispielsweise den Kadett D mit dem Corsa D, so haben beide eine Außenlänge von exakt 4m. Während aber der alte Kadett D einen Kofferraum mit 410 L Inhalt bietet, kann man beim Corsa D trotz identischer Außenlänge nur 285 L füllen.
Eine ähnliche Entwicklung arbeitet der Autor zum Thema „Gewichtszunahme“ heraus. Am Beispiel der Entwicklung vom Ascona über den Vectra zum aktuellen Insignia kommt er – bei Zugrundelegung des jeweiligen Basismodells – auf eine Gewichtszunahme von sage und schreibe 70% !
Nun wird klar, warum trotz aller Fortschritte in der Motortechnik die Praxisverbräuche nicht wirklich zurückgehen – es liegt einfach am mobilen Gewicht. In der Realität ist das Problem sogar noch größer.....denn viele der aktuellen Fahrzeuge werden mit schweren Sonderausstattungen wie zum Beispiel Klimaanlage (+20kg)...ausgeliefert. ......Die Gewichtszunahme....ist auch auf
• steifere Karosserien (Chrashsicherheit)
• Abgasreinigungsanlagen (Umwelt)
• Airbags, ABS, elektr. Steuergeräte, Fensterheber u.s.w.
zurückzuführen. Hierdurch betrug der Gewichtszuwachs ca. 400 kg in 30 Jahren oder 100 kg pro Modellgeneration.
Dieses „Übergewicht“ führt lt. dem Autor dazu, dass die Autos, ausgehend immer von der Basismotorisierung, immer träger werden, so dass die Fahrfreude sinkt. Anschaulich wird dies an der Entwicklung des Drehmoments, insbesondere, wenn man nicht den absoluten Wert heranzieht, sondern die Relation zum Fahrzeuggewicht.
Durch die einfache Division des Drehmoments durch das jeweilige Leergewicht ergibt sich die Größe „Nm pro kg“, ein Maß für die vom Fahrer empfundene Kräftigkeit oder Spritzigkeit des Fahrzeugs. .... der Corsa ist (Anm. Alter Korsar: in der Basismotorisierung Corsa B bis Corsa D) in den letzten 3 Modellgenerationen in Folge ungünstiger geworden. Diese Erkenntnis wurde in der Praxis leider bereits bestätigt, wie diverse Beiträge in Fachzeitschriften und Foren belegen: Nicht nur der 1,0 Basisbenziner, auch der größere 1,2 l-Motor mit immerhin 80 PS hat viele Kunden in Bezug auf sein Temperament enttäuscht, so dass sich Opel gezwungen sah, die Achsübersetzung auf Kosten des Verbrauchs zu verkürzen (Anm. Alter Korsar: dies wurde hier im Forum bereits ausgiebig behandelt).
Gerade aber gesteigerte Höchstgeschwindigkeiten als Folge von verbesserter Aerodynamik und höheren Literleistungen erfordern längere Übersetzungen. Zudem sind die Hersteller immer wieder versucht, im Interesse niedriger Normverbräuche die Übersetzungen zu verlängern. Beide Faktoren verstärken das hier beschriebene Problem weiter. Und der Kunde wundert sich, dass sein neues Auto trotz der „vielen PS“ so fährt, als sei die Handbremse angezogen.....
Hier verweist der Autor abschließend auf die modernen Turbo-Diesel und auf die bei den Benzinern fortscheitende Downsizing-Politik mit Turbounterstützung, so am Beispiel der aktuellen 1,6 Turbo-Benziner des Corsa’s oder des neuen 1,4 Turbo mit 120-140 PS (Anm. Alter Korsar: hier leider nur in Meriva u. Astra, nicht – noch nicht? – im Corsa :bla: ).
Uff. Viel Spaß beim Diskutieren.
Alter Korsar